Pflanzen retten auf Friedhöfen

Heute war ich nach langer Zeit wieder mal auf einem Friedhof. Nein, ich habe kein Grab zu pflegen. Aber ich mag tatsächlich die Ruhe auf den großen Friedhöfen. Außerdem werde ich dort Pflanzen retten.

Sobald man durch die Tore geht bleiben Lärm und Hektik draußen. Das mag manchen Leuten befremdlich erscheinen, aber der Tod gehört zum Leben und somit auch Friedhöfe.

Ebenso befremdlich wird es manchem vorkommen, dass man tatsächlich vom Friedhof Müll mit nimmt. Ja, auf den ersten Blick ist es das sicher. Aber es gibt inzwischen in ganz vielen Gartenforen Beiträge zu genau diesem Thema. Denn nirgendwo werden so viele Pflanzen weg geworfen wie auf Friedhöfen, und nirgendwo werden so viele absolut gesunde Pflanzen weg geworfen.

Oft ist es so, dass die Angehörigen, die die Gräber pflegen, die Pflanzen zwar nach Saison austauschen, aber selbst keinen Garten haben, wo sie wieder eingepflanzt werden könnten. Auch die Friedhofsgärtner fahren die Pflanzen zu den Kompostplätzen oder zur städtischen Kompostieranlage – egal in welchen Zustand die Pflanzen sind. Maßgeblich ist der vertraglich vereinbarte Rhythmus, in dem neu bepflanzt werden muss. Was ja auch grundsätzlich korrekt ist, aber es bleiben halt Unmengen an Pflanzen auf der Strecke. Und da Pflanzen auch Lebewesen sind, tut es einem oft in der Seele weh, wenn man den Inhalt der Grüncontainer sieht. Das Wort Nachhaltigkeit mag man in dem Zusammenhang schon überhaupt nicht in den Mund nehmen. Ergo rette ich Pflanzen aus dem Friedhofsmüll.

Heute sogar mit freundlicher Unterstützung von zwei Friedhoftsgärtnern. Denn heute war anscheinend großer Gräberabräumtag. Viele, viele Gärtner waren damit beschäftigt, die Saisonbepflanzung von unzähligen Grabstellen zu entfernen, damit in den nächsten Tagen neu bepflanzt wird. Dabei sind viele Kubikmeter Pflanzen rausgerissen worden. Meine freundliche Frage, ob ich vielleicht die ein oder andere Pflanze aus dem “Müllberg” ziehen dürfte, wurde sehr erfreut positiv beantwortet. Schließlich wäre es doch schade um die Pflanzen, und wenn sie in einem Garten weiter leben könnten, wäre das doch toll.

Was mich aber wirklich verblüffte war, dass hier tatsächlich auch ganz viele Pflanzen sind, die für mich ganz klar in die Rubrik Herbstbepflanzung gehören. Also eigentlich doch gerade erst gepflanzt wurden. Anscheinen pflanzen Angehörige zwischendurch und die Gärtner reißen sie wieder raus – oder umgekehrt. Anders kann ich mir das nicht erklären.

Aber wie auch immer. Ich habe jedenfalls von dieser Pflanzenaustauschaktion profitiert und praktisch eine komplette Herbstbepflanzung für meinen Eingangsbereich abgestaubt.

Hier ist es die große Heide in Weiß und Lila in einem Topf. Heide ist eigentlich nicht mein Lieblingsgewächs. Aber gemischt mit andern Pflanzen finde ich sie durchaus hübsch. Zumal die modernen Knospenheiden auch noch den ganzen Winter über die Blüten halten. Links sieht mal eine Pelargonie mit lachsfarbenen Blüten. Auch sie durfte mit. Denn sie ist schließlich mehrjährig.

Die beiden stehen nun auf der einen Mauer vorm Haus zusammen mit bereits vorhanden Pflanzen Ton in Ton abgestimmt. Liriope muscari, verschiedene Sedum und eine rote Buntnessel passen prima zusammen. Die Mauern muss ich morgen noch mit dem Schlauch abspritzen. Da hat sich jetzt reichlich Erde vom Topfen gesammelt.

Auf der gegenüberliegenden Seite sind es Gelb und Weiß, die zusammen ein frisches Bild ergeben.

Weiße Eisbegonien, die schon hoch gewachsen sind und nicht mehr diese seltsam künstlich gestauchten Pflanzen, die man zu kaufen bekommt. Kalanchoe blossfeldiana in weiß. Dazu auch hier Sedum aus meinem Bestand.


Weiter geht es mit einem sehr hübschen, kleinen Ziergras mit weißen Streifen.

Die größte Pflanze ist diese Chrysantheme. Sie hat noch viele Knospen und wurde samt Schale im Müll versenkt. Die Schale war aus Plastik und obendrein hässlich, also habe ich sie durch eine schöne Tonschale ersetzt. In der hat der Wurzelballen jetzt auch Platz genug.

Nachtrag Oktober 2023 und somit 5 Jahre später: Die Chrysantheme blüht immer noch jeden Herbst in meinen Garten. Jetzt im Beet ausgepflanzt als Staude von ca. 80 cm Höhe.

Last but not least ist da noch der Zauberschnee Euphorbia ‘Diamond Frost’. Diese filigrane Pflanze, die ein wenig an Schleierkraut erinnert, wird als Einjährige verkauft. Das stimmt aber so nicht ganz. Ich hatte Zauberschnee auch schon über drei Jahre. Vorausgesetzt der Winter ist sehr mild geht das sogar draußen. Ansonsten kommt sie bei den ersten Frösten ins Gewächshaus.

Zusammenfassend denke ich, wenn ich im Gartencenter oder Baumarkt die Pflanzen erstanden hätte, hätte es auch nicht schöner ausgesehen. Im Gegenteil, diese Pflanzen sind schon an das Klima draußen gewöhnt und ein Stück größer als handelsüblich. Kein Mensch würde glauben, dass das eigentlich Müll ist.

Ach ja – fast vergessen. Von Guinea-Lieschen und Begonien habe ich mir nur ein paar Stecklinge mitgenommen. Sie stehen jetzt in Gläsern auf der Wohnzimmerfensterbank und treiben hoffentlich Wurzeln. Ich finde, die sehen so schon hübsch aus. Vielleicht kann ich dann gleich mal Hydroponik ausprobieren. Also die dauerhafte Haltung in Nährlösung statt Erde – und ganz im Trend momentan – in Gläsern statt Töpfen. Man soll die Wurzeln sehen. Aber dazu ein anderes Mal mehr.

Noch schnell einen Blick auf einen Sperrmüllfund von gestern. Da habe ich einen Fahrradkorb rausgefischt. Ich dachte, ich könnte die Befestigungsdrähte entfernen und den Henkelkorb so als Pflanzgefäß nutzen. Die Drähte lassen sich aber nicht entfernen. Nun stand ich da mit dem Ding auf der Terrasse. OK – dann bleiben sie halt dran!

Jetzt hängt der Korb am Spalier und beherbergt eine weitere aus Samen gezogene Buntnessel.

Bis bald

                                                   

6 thoughts on “Pflanzen retten auf Friedhöfen

  1. Hallo Claudia!
    Pflanzenretten auf dem Friedhof ist doch Ehrensache! Das mache ich ganz oft. Im Frühjahr kann man sich da gut mit neuen Narzissen eindecken. Manchmal blühen die sogar noch eine Woche, wenn man sie in den Garten gepflanzt hat, mindestens aber im nächsten Jahr. Meine tollsten Friedhofsfunde sind einige schöne Heucheras, Sempervivum und ein Baldrian (wohl als Unkraut von einem Grab gejätet), die alle teilweise schon Jahre alt sind inzwischen.
    VG
    Elke

  2. Guten Morgen Claudia,
    gut gemacht 😉 Das gerettete Leben sieht in dieser Kombination wirklich herbstlich schön aus!

    Meine Mutter hatte schon vor ca. 30 Jahren einen recht großen Rhododendron aus dem Abfall-Container gerettet. Da musste sie dann allerdings zunächst einmal beim Friedhofs-Pförtner fragen, ob er sie mit dem Teil überhaupt wieder rauslassen würde …
    Schön, wenn auch dort inzwischen ein Sinneswandel stattgefunden hat. Es ist neben der ständig wechselnden Balkonbepflanzung mit Frühjahrs-, Sommer- & Herbst-Bepflanzung und dann noch gefolgt vom immergrünen Winterschmuck, ja wirklich eine Pflanzen- & Materialverschwendung, die dort stattfindet.
    So gesehen, könnte ich auch häufiger zum nahegelegenen Friedhof gehen und retten – so es denn bei uns überhaupt erlaubt ist … Aber da ich für unseren Wildwuchsgarten wenn überhaupt noch weiße und blaue Stauden bevorzuge, die aber leider unsere Nacktschnecken zum Fressen gern haben, macht es leider wenig Sinn. Aber es wäre vielleicht wirklich nicht verkehrt im nächsten Frühjahr – wenn unser Garten dann hoffentlich wieder allmählich mehr gestaltete Form annimmt, dort mal nach immergrünem Füllmaterial zu suchen. Denn die letzten Sommer haben unsere immergrünen Gehölze leider arg dezimiert.
    Danke für die Idee!
    VG Silke

  3. Vielen Dank für diesen Artikel zu Grabpflanzen. Schön, dass du mit Hilfe der Friedhofsgärtner dort Pflanzen retten konntest. Ich beschäftige mich gerade mit der Grabpflege und bin daher auf deinen interessanten Beitrag gestoßen.

  4. Was wäre der beste Zeitpunkt, um Pflanzen vom Friedhof mitzunehmen? Als ich mal auf einem Friefhof war, war ich ziemlich entsetzt wie viele schöne Pflanzen im Container waren und die Pflanzen waren alle im super Zustand, quasi wie aus dem Laden. Jedoch kann ich mich nicht mehr an den Monat erinnert.

    Gibt es auch Chancen im September dort welche zu finden, weil ich würde gerne welche retten, die über den Winter bei mir leben können.

    • Ideal sind immer die Saisonwechsel, wenn die jahreszeitliche Bepflanzung erneuert wird. Aber im Prinzip einfach mal schauen. Selbst im tiefsten Winter habe ich schon etwas aus den Containern gefischt.

  5. Wir überlegen gerade, wie wir die Grabgestaltung des Familiengrabs am besten angehen. Daher ist es gut zu wissen, dass manche Leute die Pflanzen dort regelmäßig wegschmeißen. Wir werden darauf achten, ganzjährige Pflanzen anzubauen.

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