Insekten essen – die Zukunft?
In der Zukunft sollen wir Insekten essen. Ganz offiziell und von der EU erlaubt. Die Insekten halten Einzug in die Lebensmittelabteilungen der Supermärkte und Discounter.
Wanderheuschrecken
Buffalowürmer
Getreideschimmelkäfer
Hausgrille
Mehlwürmer
Es wimmelt nur so (was für ein Wort in dem Zusammenhang) vor Insekten, die von der EU gerade als Lebensmittel zugelassen wurden. In Pizzateig, Nudeln, Backwaren … Insekten überall. Welche Vorstellung!
Das polarisiert. Während die einen Insekten als Proteinquelle zur Rettung der Weltbevölkerung sehen, schüttelt es die anderen.
Ich war immer ein Mensch, der sagte, ich probiere erst alles, bevor ich sage, ich mag es nicht – außer Insekten. Da hört es bei mir auf. Die Antwort was dann meistens: “Dafür musst du schon nach Asien. Vietnam oder so.”
Tja – jetzt sind sie auch hier angekommen. Aber ich verweigere weiter. Ich finde es einfach eklig etwas essen zu sollen, weswegen früher die Lebensmittelkontrolle Betriebe geschlossen hat.
Aber ich sehe noch ganz andere Aspekte.
Deklaration
Wird auf der Packung gut lesbar Getreideschimmelkäfer stehen, oder nicht doch eher Alphitobius diaperinus? Das dann zwischen, den sowieso schon ellenlangen Zutatenlisten in winzigster Schrift, die schon von Leuten mit ausreichendem Sehvermögen kaum noch entziffert werden kann, und diese Listen nur noch länger und unleserlicher machen?
Ich finde da gehört ein Label auf die Vorderseite. Groß, unübersehbar und vor allen Dingen einheitlich, nicht wieder hundert verschiedene wie bei Bio. Und nicht erst in 10 Jahren, sondern jetzt. Nicht nur für Menschen die Insekten im Essen ablehnen, sondern auch für Vegetarier.
Akzeptanz von Ablehnung
Überhaupt: Wenn Menschen es ablehnen Insekten zu essen, hat das diskussionslos akzeptiert zu werden. Da darf es kein: “Stell dich nicht so an!” oder “Das ist jetzt nun mal so.” geben. Schließlich werden anderer Leute Regeln auch akzeptiert. Niemand tut es ab, wenn sich Muslime halal ernähren, oder Juden ihr Essen koscher wollen. Also bitte auch Insektenlos akzeptieren.
Ich denke da an Kitas und Grundschulen, die in der letzten Zeit in die Kritik geraten, weil sie sich berufen fühlen, Kindern vegetarisches Essen aufzuoktroyieren – auch gegen den Willen der Eltern. Wird das bald mit Insektennudeln so sein? Weil die Proteine dann ja gut fürs Kind seien, oder so.
Aber auch im Privathaushalt möchte ich nicht, wenn ich zum Essen eingeladen werde, heimlich mit Heuschrecken gefüttert werden. Auf Vegetarier nimmt man ja auch Rücksicht und mogelt ihnen kein gemahlenes Fleisch ins Essen. Es mit Insekten zu tun, ist weder witzig noch egal.
Ethik
Heute regen wir uns über Massentierhaltung auf und pochen auf Tierwohl. Insekten sollen da die Lösung sein. Aber wer sagt denn, dass Insekten dann nicht unter noch viel schlimmeren Bedingungen gehalten werden? Die können halt nicht schreien. Die bluten nicht. Summen und Brummen wird, wenn es Dauerzustand ist, wenn überhaupt, eher als lästig empfunden. Vermutlich wird dann Schallschutz verordnet, um die Nachbarn nicht zu stören, statt die Haltung zu überdenken.
Und seien wir doch mal ehrlich: Den meisten Menschen ist doch schnurzpiepegal, wenn ein Insekt mit Flügeln niemals fliegen darf. Ebenso ob Millionen von Tieren übereinander auf engstem Raum hocken. Und ob eine ganze Population in Zuchtterrarien dann mal eben eingeht und zusammengefegt wird – wen schert es?
Insekten sind auch Lebewesen. Wer gibt uns also das Recht sie als “Ersatz” für Fleisch zu betrachten? Welche ethischen Grundsätze machen eine Kuh wertvoller als eine Grille?
Und nur mal so als Frage: Wie werden die Insekten eigentlich getötet, vor der Verarbeitung, wenn überhaupt? Oder werden sie einfach gemahlen bei lebendigem Leib; so wie Küken geschreddert werden?
Krankheiten
Ob eine Insektenhaltung gesund ist oder von Parasiten befallen, wer kontrolliert das? Einen Bestand an einer ansteckenden Krankheit gestorbener Rinder zu entsorgen ist, unauffällig, praktisch unmöglich, bei Insekten geht das klammheimlich ratzfatz.
Welche Medikamente werden dort in Zukunft prophylaktisch über den Tieren vernebelt, um die Bestände gesund zu halten und vor Krankheiten und Pilzbefall zu schützen – und am Ende bei uns im Essen landen?
Wird das wirklich besser sein als bei der heutigen kommerziellen Viehhaltung?
Invasive Arten
Das Sprichwort “Das ist wie einen Sack voller Flöhe zu hüten” sollte uns zu denken geben.
Stellen wir uns vor so ein paar Tierchen entkommen aus einer Zucht – und ich wette, es passiert. Was dann?
Dann hat ein Betrieb in der Nähe ein Problem, wenn ein Trupp Getreidekäfer in die nächste Bäckerei, die nächstgelegene Mühle oder das nächste Mehllager einfällt.
Oder wenn die Wanderheuschrecken, bei zunehmender Klimaerwärmung, über die Felder und unsere Gärten wandern und Kahlschlag hinterlassen.
Wer jetzt meint, das wäre doch Quatsch, dem sei empfohlen sich über den Asiatischen Marienkäfer schlau zu machen. Gezielt eingesetzt in Gewächshäusern zur Blattlausbekämpfung und selbstverständlich entkommen, vermehrt er sich wie blöde und ist heute der größte Feind unser heimisch Marienkäferarten. Nur ein Beispiel von vielen.
Dann stellt sich die Frage, wie diese – dann Schädlinge – wiederum bekämpft werden. Langen wir dann wieder mit Insektiziden hin?
Und wer weiß, welche Insektenarten bald noch für die Lebensmittelproduktion zugelassen werden und das Potenzial zu ökologischen Desastern haben.
Vertrauen ist gut
Dass auf jedem Gebiet wo Geld zu machen ist früher oder später – eher früher – unseriöse Zeitgenossen auf den Plan treten, ist jedem klar. Wer garantiert uns denn, dass die verarbeiteten Insekten wirklich Lebensmittelqualität haben und nicht nur aus der qualitativ niedriger angesetzten und somit billigeren Tierfutterproduktion entnommen werden?
Denn im Gegensatz zum Fleisch, wo die nicht für den menschlichen Verzehr geeigneten Stücke an die Tierfutterhersteller abgegeben werden, geht es hier genau umgekehrt. Insekten werden dann von den Herstellern an den Futtermittelproduzenten oder den Lebensmittelproduzenten weitergereicht.
Ich will es gar nicht madig (schon wieder so ein Wort) machen, dass man neue Wege zur Ernährung beschreitet. Wer Insekten essen möchte, soll das selbstverständlich tun. Aber man soll auch einfach mal reflektieren, was daraus entstehen kann. Und das schnell und nicht erst wieder, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Wir haben schließlich schon oft genug erlebt, was bei Schnellschüssen der EU passiert. Die sind angeblich immer wohlüberlegt und mit Experten abgestimmt. Aber wir alle kennen zahllose Beispiele, wie undurchdacht dort oft gehandelt wird. Wenn die Energiesparlampe ein Desaster war, nimmt man sie halt vom Markt.
Entkommene Insekten sind eine ganz andere Liga.
Bis bald
Danke für den interessanten Beitrag. Ich könnte es mir aber auch nicht wirklich vorstellen
Hallo liebe Claudia,
irgendwie habe ich die ganze Zeit nur über die Frage nachgedacht, ob ich das essen würde. Aber all die Aspekte, die du behandelst, darüber sollte man sich sicher auch Gedanken machen.
Ganz liebe Grüße
Clara
Hi Claudi, Bingo – hast mir mit einigen Punkten absolut aus der Seele gesprochen! Und auf Punkte aufmerksam gemacht, über die nicht viele nachdenken, vermute ich. Danke für diesen Beitrag!
Liebs Grüssle.