Feigen im November
Dieses Jahr übers Wetter zu reden erübrigt sich fast schon. Es war eines der ganz großen Themen des Jahres, und meist kein gutes. Zu kalt, zu nass, zu wenig Sonne. Kennt ihr ja alles. Das betrifft auch meine Feigen.
Die Winzfeigen vom Vorjahr, die normalerweise eine erste, frühe Ernte liefern, sind alle abgefallen, es gab also keine. Die diesjährige Blüte, die normalerweise im Frühling erfolgt, kam mit ca. zwei Monaten Verspätung. Da war schon klar, dass es dieses Jahr schwierig werden würde eine Ernte zu bekommen. Die Zeit würde einfach nicht reichen damit die Früchte ausreifen können. Normalerweise geht es Ende September los mit der Ernte, die sich bis in den Oktober zieht. Dann habe ich so viele, dass sie irgendwann keiner mehr sehen kann und wir fast schon froh sind, wenn es vorbei ist.
Dieses Jahr passierte erst mal nix. Der September verging, es wurde Oktober und Tochter fragte schon leicht ungeduldig, wann sie denn Feigen bekäme. Sie bekam sie Anfang November. Naja – eine Handvoll. Mehr gab’s nicht. Die andere Handvoll war mein Anteil.
Die restlichen Früchte – und es sind tatsächlich nicht weniger am Baum als in normalen Jahren – blieben klein und hart. Da Feigen, im Gegensatz zu vielen anderen Früchten, nicht nachreifen, würde das wohl eine Menge Feigenkompost werden, wenn sie erst alle abgefallen sind. Vielleicht bleiben sie aber auch über den Winter am Baum, falls es keinen großen Frost gibt, und bringen eine tolle frühe Ernte 2022. Ich wage es zu bezweifeln, aber das sehen wir dann erst. Never say never. Kaum gedacht, schon war er da, der erste Frost.
Der Baum hat inzwischen sein Laub verloren und steht völlig kahl da. Bis auf die Feigen. Genau verkehrt herum also. Irgendwie sieht das lustig aus. Ein bisschen wie Weihnachtskugeln. Passt ja schon fast wieder.
Gestern habe ich dann tatsächlich noch ein paar Feigen entdeckt, die ihre Farbe zu einem helleren Grün gewechselt hatten. Ganz vorsichtig eine probiert. Klein, nicht so aromatisch wie sonst und weniger süß. Aber vielleicht lag das auch daran, dass die Dinger eiskalt sind. Aus dem großen Freilandkühlschrank halt.
Aber trotzdem, eine kleine Schüssel voll konnte ich doch ernten. Und ein paar für den Winter zu konservieren ist auch nicht dumm. Ergo habe ich sie längst aufgeschnitten auf einem Brett verteilt. Einen Dörraparat habe ich nicht, im Backofen ist der Energieaufwand zu groß. Aber die Heizungen laufen ja schon. Also wieso nicht die aufsteigende Wärme nutzen, wie man es seit Jahrhunderten über Feuern und Kohleöfen gemacht hat. Hier dörren sie jetzt einer Zukunft als leckeres Trockenobst entgegen.
Vielleicht ist es gut, wenn man mal keine Schwemme hat, und in einem Jahr nur eine Handvoll der süßen Früchtchen bekommt. Dann weiß man sie wieder zu schätzen und freut sich aufs nächste Jahr.
Bis bald