Dahlie bestellt – Fake bekommen
Kennt ihr das? Ihr bestellt euch Pflanzen. Es geht in diesem Fall um Dahlien, was sich aber auch auf jede andere Pflanzenart übertragen lässt, von der es eine sehr große Auswahl an Blütenfarben und Formen gibt. Da bestellt man exakt diese Sorte, weil man sich dabei etwas gedacht hat. Beispielsweise, weil sie in einen Beetplan passen sollen. Weil die Farben zur Umgebung passen sollen oder auch einfach nur, weil sie einem exakt so gefallen.
Und dann kommen die Dahlienknollen, werden vorgetrieben, gepflanzt und irgendwann fangen sie an zu blühen und plötzlich ist alles ganz anders.
Was immer wieder vorkommt, sind Falschetikettierungen. Wenn man beim Verkäufer nachhakt, bekommt man meiste eine der folgenden Möglichkeiten zur Antwort:
- “Reklamation nicht mehr möglich, weil Zeit abgelaufen.” Sehr bequem für den Verkäufer. Ja, es dauert bis so eine Dahlie erst man blüht. Aber sorry, es gilt immer noch 2 Jahre Gewährleistung. Auch für Pflanzen. Und in dem Fall ist es die Reklamation eines versteckten Mangels. Da gilt der Grundsatz: Unverzüglich nach Entdeckung. Und die ist erst möglich, wenn die Pflanze blüht.
- “Das Problem ist nach der langen Zeit nicht mehr nachvollziehbar.” Schon wieder wird auf Zeit gespielt. Siehe oben. Allerdings wird dem Kunden jetzt das Problem zu geschustert zu beweisen, dass die Pflanze tatsächlich die gekaufte ist.
- “Die Bodenverhältnisse, der Standort, das Gießwasser, die Dünger oder weiß der Teufel sind schuld, dass Pflanzen plötzlich und unerwartet die Farbe wechseln.” Ja klar. Sicher gibt es Pflanzen, bei denen das geschieht. Hortensien – besonders blaue – sind so ein Beispiel. Aber dunkelrote Dahlien, die plötzlich gelb blühen?
- “Das war eine Aushilfe.” Aaahhh ja!!! Was soll mir das jetzt sagen? Dass bei euch die Leute unkontrolliert machen, was sie wollen? Dass ihr nicht für die Ergebnisse der Arbeit eurer Mitarbeiter verantwortlich seid, sofern diese nur vorübergehend oder steuerfrei beschäftigt sind? Soll ich jetzt beim Finanzamt reklamieren?
- “Das waren Kunden. Die ziehen die Etiketten zum Lesen raus und stecken sie dann an die falsche Pflanze.” Mag ab und zu vorkommen. In Gärtnereien mit Publikumsverkehr und bei getopften Pflanzen. Aber gibt es Kunden, die in Großmengen Etiketten vertauschen? Das wäre ja schon Sabotage. Oder während auf dem Feld Dahlienknollen ausgegraben, und später sortiert und etikettiert werden? Natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und natürlich seid ihr für das, was in eurem Laden vorgeht – genau! – nicht verantwortlich. Sorry, aber ist das mein Problem?
Wer regelmäßig Pflanzen kauft, kennt wahrscheinlich schon einiges davon. Übrigens auch aus dem stationären Handel.
Aber es gibt noch ein anderes Phänomen und das heißt Mode. Mode? Aber ja. Auch bei Pflanzen gibt es Moden. Könnt ihr euch erinnern, als vor ein paar Jahren plötzlich alle Blüten schwarz sein sollten? Schwarze Rosen, schwarze Iris, schwarzes Basilikum, schwarzes Laub am Holunder.
Das ist ja auch völlig in Ordnung. Und natürlich habe ich auch zugeschlagen. Wohl wissend, dass es wirkliches Schwarz bei Pflanzen nicht gibt, sondern ganz dunkles Rot oder Blau, die aus der Ferne schwarz wirken.
Momentan sollen Blüten nicht grell sein. Gerade Dahlien sollen verwaschene Töne haben. Knalliges Rot und Gelb sind eher nicht gefragt. Züchtungsarbeit braucht allerdings viele Jahre und kommt da einfach in vielen Fällen nicht mit. Aber die vorhandenen Sorten vermehren sich halt wie von selbst jedes Jahr durch ihre Knollen. Schon im zweiten Standjahr können sie geteilt werden, spätestens im vierten ist es unabdingbar. Nun stehen Produzenten und der Handel mit den eher ungeliebten Farben da. Ergo muss man eine Möglichkeit schaffen, diese Dahlien zu verkaufen.
Und hier kommt die Bildbearbeitung ins Spiel. Ich darf natürlich mangel Bildrechten keine Originalfotos der Verkäufer einstellen, aber ich kann die Blüten meiner Pflanzen nehmen und sie so bearbeiten, dass sie aus sehen wie diese nach denen ich gekauft habe. Frei nach dem Motto: “Was die können, kann ich schon lange!”
Hier die Dahlie ‘Frost Nip’.
Nachdem ich dieses Bild entfärbt, aufgehellt und die Dynamik kräftig nach unten skaliert habe und dann noch den Farbton etwas wärmer gezogen hatte, habe ich die Blütenfarbe, die ich eigentlich gekauft habe. Aber leider nur auf dem Display.
So sieht sie im jetzt bei mir im Garten aus. Eine tolle, riesige Blüte ohne Zweifel. Aber ich habe eigentlich etwas ganz anderes bestellt. Im Garten steht jetzt diese kräftige Farbe neben der Rose ‘William Shakespeare’ und einem pinken Phlox, und die Farben harmonieren kein bisschen, sondern tun an den Augen so richtig weh. Wäre es doch schön gewesen, wenn ich bestelltes bekommen hätte.
Da haben doch Original und Fake eher wenig miteinander zu tun. Wer das überprüfen möchte, sollte einmal kurz Bilder Suchbegriff >Dahlie Frost Nip< googeln. Die obere Reihe der Suchergebnisse besonders die mit ganzen Sträußen. Das sagt alles.
Nächstes Beispiel. Hier war schon etwas mehr Arbeit nötig, um den Gekauftzustand darzustellen. Dahlie ‘Jowey Hubert’ steht im gleichen Beet – und sollte dunkelrot sein. Es hätte so schön sein können. Auch hier gerne mal googeln, wie oben. Jetzt mal im Ernst. Das kann man doch nur noch Farbenblinden als die gekaufte ‘Jowey Hubert’ verkaufen. Und dann ausgerechnet dieses ungeliebte Gelb. Das lässt sich auch nicht mehr über unterschiedliche Bildschirmdarstellungen erklären.
Es sollte den Verkäufern doch klar sein, dass sie sich damit keine Freunde machen. Sicher, erst mal kauft man diese Dahlien wegen genau diesen Darstellungen, denn schließlich kauft hier das Auge. Aber ich werde doch garantiert nicht noch einmal bei diesem Verkäufer bestellen. Da hat sich doch jedes Vertrauen mit meiner geschrotteten Beetplanung verabschiedet.
Das Schlimme ist, dass ich hier nicht von Wald-und-Wiesen-Shops rede, sondern durchaus von seriösen und bekannten Unternehmen. Sicher gibt es diese zwei, drei großen Pflanzenversender, die für ihre gefakten Fotos, reinkopierten Blüten, überarbeiteten Farben und, vorsichtig formuliert, fantasievollen Bezeichnungen bekannt sind. Aber die meine ich nicht. Sondern Firmen, bei denen man schon davon ausgeht, dass man hier ruhigen Gewissens bestellen kann. So ganz billig kauft man dann auch nicht.
Was sich bei den anderen Dahlien blicken lässt, bin ich sehr gespannt. Ein Trost bleibt mir. Dahlien sind nicht winterhart und müssen im Herbst nach der ersten Frostnacht ausgegraben werden. Bis dahin kann ich alle realen Blütenfarben sichten, fotografieren und dokumentieren und nächstes Jahr das Spiel neu mischen. Was mit gar nicht gefällt, wird halt verschenkt. Ich würde mir nur wünschen, dass es nicht nötig wäre.