Botanische und gärtnerische Irrtümer und Märchen 1.2 – Update!
Es gibt eine vermutlich unendliche Menge an Irrtümern, falschen Überlieferungen und Märchen bezüglich allem was mit Pflanzen, Natur und Garten zu tun hat. Da wird so vieles geglaubt und im Brustton der Überzeugung weiter gegeben, dass man schreien könnte, und manchmal wird es sogar gefährlich. Jede Menge Aberglauben der nicht aus zu rotten ist – selbst bei ansonsten vernunftbezogen Menschen.
Deshalb will ich mal eine Liste aufstellen von all diesem Blödsinn, der mir so unter kommt. Ein offene Liste um genau zu sein – denn sie wird weiter geführt werden. Und wer mag kann gerne in den Kommentaren dazu beitragen. Ab und an gibt es ein Update.
Botanische und gärtnerische Irrtümer und Märchen:
Kakteen haben Stacheln
Nein. Kakteen haben Dornen. Dornen sind umgebildete Pflanzenorgane – Blätter, Sprossen,Wurzeln). Beim Kaktus soll die Umbildung der Blätter zu gemeinen Spitzen die Verdunstung herab setzen und vor Tierfraß schützen. In ihren trockenen Habitaten würden die saftigen Pflanzen sonst alle ganz schnell verputzt.
Rosen haben Dornen
Falsch. Sie haben Stacheln an den Sprossachsen und den Unterseiten der Blätter. Auch sie dienen dem Schutz vor Tierfraß. Im Gegensatz zu Dornen sind Stacheln zugespitzte Vorsprünge, sitzen lose und können leicht entfernt werden. Weshalb sie dann auch gerne mal in Fingern stecken bleiben. Bei den nahen Verwandten Himbeere und Brombeere sagt sagt auch der Volksmund witzigerweise korrekt Stachel.
Christusdorn ist ein Kaktus
Auch falsch. Nur weil er Dornen hat, ist er noch lange kein Kaktus. In Wahrheit ist er ein Wolfsmilchgewächs Euphorbia. Somit ist er ganz nach mit dem Weihnachtsstern verwandt und mit ganz vielen anderen bekannten Pflanzen der Familie. Viele davon sind Sukkulenten und werden oft für Kakteen gehalten. Während Kakteen vom amerikanischen Kontinent stammen, sind Euphorbien fast weltweit verbreitet. Typisch ist der weiße, klebrige und nebenbei auch giftige Saft, der bei Verletzung austritt.
Wacholderbeere
Hier haben wir mal einen falschen Namen. Denn die Wacholderbeere ist keine Beere sondern ein Zapfen. Als Fruchtstand des Wacholders und somit eines Nadelbaumes eigentlich logisch.
Maronen – Kastanien
Maronen Castanea sind nicht mit der Rosskastanie verwandt. Auch wenn die Ähnlichkeit der Pflanzen und er Früchte verblüffend ist. Maronen sind Buchengewächse und produzieren Nüsse, die, genau wie die Bucheckern, essbar sind. Rosskastanien Aesculus gehören zu den Seifenbaumgewächsen und tragen Kapselfrüchte. Für uns Menschen eher unlecker.
Erdnüsse
Schon wieder ein falscher Name. Erdnüsse gehören zu den Hülsenfrüchten. Und wer sich mal so eine ungeschälte Erdnuss bewusst anguckt, entdeckt schnell die Ähnlichkeit zur Erbsenschote.
Erbsenschote
Womit wir beim nächsten Irrtum wären. Denn Erbsen haben gar keine Schoten sondern Hülsen.
Walnuss
Schon wieder keine Nuss. Sondern Steinfrüchte, genau wie Pfirsische, Pflaumen, Mirabellen. Eine Walnuss und einen Pfirsichkern nebeneinander legen – alles klar?
Buchen sollst du suchen
NEEEIIIINNNNN!!!!! Bloß nichts auf die alte “Weisheit” – Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen – geben. Denn weise ist es in keinem Fall sich bei Gewitter unter einen Baum zu stellen, sondern im Zweifelsfall tödlich. Wie bitte soll der Blitz denn wissen wo er einschlagen soll, darf, nicht darf? Der hat doch kein Hirn. Der handelt rein physikgesteuert.
Weintrauben
Schon klar was jetzt kommt, oder? Genau: Keine Traube, die wäre ein Blütenstand. Weintrauben sind Beeren die in Rispen stehen.
Rote, gelbe, grüne Paprika
Es gibt Pflanzen die bringen rote Paprika – gelbe Paprika oder grüne Paprika. Äääääähhhh – nein. Das trifft bei Gelb, Rot, Lila usw. zu – aber nicht bei Grün. Grüne Paprika sind immer unreife Früchte. Sie schmecken anders, weil sie noch keinen Zucker enthalten. Welche Farbe sie im reifen Zustand mal bekommen hätten erfahren wir dann leider nicht mehr. Wir haben sie ja vorher aufgegessen.
Paprikaschoten
Genau! Keine Schoten sondern Beeren. Chili ebenso.
Kupfernägel gegen Bäume
Es ist ein nicht kaputt zu kriegendes Märchen, dass ein in den Stamm geschlagener Nagel – oder drei oder vier – einen ungeliebten Baum zum Absterben bringt. Jedes per Nagel an einem Baum aufgehängte Vogelhäuschen widerlegt diese Theorie. Und ob es Eisen oder Kupfer ist spielt auch keine Rolle. Wobei Kupfer sogar noch eine desinfizierende Wirkung hätte. Und in welcher Stammhöhe der oder die Nägel ein geschlagen werden macht da auch keinen Unterschied. Obwohl – wenn ich einen ein Zentimeter dicken Nagel in ein Babybäumchen mit drei Zentimetern Stammdurchmesser einschlage….. Ne’ Schere zu nehmen wäre wohl einfacher.
Dicke Bohnen, Ackerbohnen, Saubohnen, Puffbohnen
… sind was nicht? Richtig – Bohnen. Zwar sind beides Hülsenfrüchte. Aber während Gartenbohnen (Stangen- und Buschbohnen) aus Südamerika stammen und auf den botanischen Namen Phaseolus vulgaris hören, heißen die Dicken Bohnen Vicia faba und sind bei uns heimisch. Das hat Auswirkungen. Denn Phaseolus enthalten das Gift Phasin und sind roh giftig. Erst durch die Hitze der Garung wird das Phasin zerstört und die Bohnen genießbar. Deshalb auch nicht zu al dente kochen. Wenn Bohnenhülse an den Zähnen quietscht ist ungesund. Vicia dagegen dürfen auch roh gegessen werde. Die rohen Kerne (ohne die dicke Haut drumherum) im Salat sind eine Delikatesse. Vicia vertragen Kälte und können früh im Jahr angebaut werden, Phaseolus sind kälteempfindlich und dürfen erst nach den Eisheiligen ins Beet.
Salz gegen Unkraut ist harmlos
Mag zum Killen vieler Pflanzen funktionieren – in entsprechenden Mengen. Aber nur wenn man gleich alles Bodenleben mit umbringen will, den Mineralhaushalt des Bodens stören und sich ein kaum noch fruchtbare Dünenlandschaft schaffen will. Man sollte sich allerdings nicht dabei erwischen lassen. Ist verboten! Überall! Und bevor jemand fragt: Für Essig oder Mischungen aus beidem gilt das selbe.
Rhabarber
Rhabarber wird bei uns eigentlich immer süß zubereitet. Marmelade, Kuchen, Desserts usw… Das verleitet uns zu der Annahme Rhabarber wäre ein Obst. Ist er aber nicht. In Wahrheit ist er eine Gemüse – ein Stängelgemüse um genau zu sein – genau wie Staudensellerie, Spargel und Stielmangold. Und man kann ihn tatsächlich auch herzhaft zubereiten. Müsste man eigentlich mal probieren.
Erdbeeren
Wenn man jemanden fragt: “Welche Beeren kennst du?”, kommt als erste Antwort meist “Erdbeeren”. Sorry – aber das sind gar keine Beeren sondern Sammelnussfrüchte, denn jedes der kleinen Kernchen ist eine Nuss. Die wiederum sitzen zusammen in einem Fruchtboden (Scheinfrucht) – dem was wir fälschlich als Beere bezeichnen.
Bier gegen Schnecken
Wer glaubt Bier helfe gegen Schnecken der irrt. Wahr ist: Schnecken riechen extremst gut und auf unglaublich weite Entfernungen. Wer eine Bierfalle aufstellt handelt ähnlich wie jemand, der das Datum für die nächste Party öffentlich in Facebook postet – vorsichtig formuliert – unklug. Sie kommen – aus der ganzen Gegend und in Scharen. Freibier für alle wirkt auf die schleimigen Suffköppe einfach unwiderstehlich. Ein paar sind dann auch irgendwann besoffen genug um im Bierpool zu ersaufen. Aber die meisten haben irgendwann Hunger und machen sich übers Buffet im Beet her. Da sie leider einen Hang zum Kannibalismus haben, auch noch über ihren toten Nächsten. Und weil’s hier grad so schön gemütlich ist, und die nächste Generation es ja auch guthaben soll, legen sie noch eine paar Eier ins Schlaraffenland, bevor sie sich irgendwo verkriechen um ihren Suff auszuschlafen. Am nächsten Abend geht die Party dann mit frisch gefüllter Bierfalle fröhlich weiter.
Kürbis
Die größte Beere der Welt ist der Kürbis. Und weil er eine wirklich harte Schale haben kann – während wir Beeren immer mit was Weichem assoziieren – ist er eine Panzerbeere.
Yuccapalme
Die Yucca ist gar keine Palme. Auch die deutsche Bezeichnung Palmlilie ist Quatsch, denn eine Lilie ist sie auch nicht. Schon gar nicht eine Kreuzung aus Lilie und Palme. Die Wahrheit liegt ganz woanders, nämlich beim Spargel. Beim was? Ja, genau. Die Yucca ist ein Spargelgewächs Asparagaceae. Auch wenn sich die Familienähnlichkeit nicht auf den ersten Blick erschließt. Aber wenn man mal eine einzelne Yuccablüte mit einer der winzigen Spargelblüten vergleicht: Treffer versenkt!
Bei Sommerhitze platzen die Tomaten
Das ist nicht ganz korrekt. Eigentlich platzen sie bei ungleichmäßiger Wasserversorgung durch den plötzlich ansteigenden Druck in den Früchten. Der Boden trocknet aus und dann wird kräftig gegossen. Das passiert halt nur bei trocken-heißem Wetter viel schneller. Dann hat man schnell Tomatenpürre an den Pflanzen hängen. Lieber den Boden gleichmäßig feucht halten, und mulchen nicht vergessen. Es gibt auch Gärtner, die Tomatan im Freiland gar nicht gießen. Die Pflanzen bilden dann lange Wurzeln um an Wasser zu kommen. Das geht durchaus. Allerdings kann dann eine plötzlich einsetzende Regenperiode zum gleichen Problem führen wie das unregelmäßige Gießen.
Die Früchte der Kartoffeln
Wir essen die Früchte der Kartoffeln. Das würde ich lieber sein lassen, denn das geht ganz gewaltig schief. Die Früchte sind nämlich – wie der Rest der Pflanze giftig. Alleine die Knollen an den Wurzeln bilden eine Ausnahme. Immer vorausgesetzt sie sind nicht durch Licht grün geworden. Denn dann sind auch sie giftig. Also immer schön dunkel lagern. Die reifen Samen aus den Früchten kann man aber durchaus verwerten. Aber nur um Samen zu gewinnen für eine eigene Kartoffelaussaat. Einen Versuch ist es allemal wert.
Im Herbst den Garten aufräumen
Kann man machen, sollte man aber nicht- jedenfalls nicht allzu gründlich. Staudenreste dienen als Winterschutz. In abgestorbenen Pflanzenteilen und Herbstlaub finden viele Insekten und Kleintiere ein Winterquartier. Igel polstern damit ihr Winterschlafquartier. Einzig kranke Pflanzenteile und von Schädlingen bewohnte sollte man entfernen. Die muss man sich ja nicht ins neue Gartenjahr schleppen.
Brennglaseffekt
“Niemals in der Mittagszeit gießen oder über die Blätter. Die Blätter verbrennen, weil die Wassertropfen wie Brenngläser wirken.” Jetzt mal im Ernst. Hat schon jemals einer erlebt, dass nach einem Sommerregen die Pflanzen verbrennen? Wenn dem so wäre hätten wir wahrscheinlich schon seit ein paar Millionen Jahren keine Pflanzen mehr. Ganz im Gegenteil, gerade in tropischen Gebieten wächst es um so üppiger. Obwohl (oder besser weil) dort täglich mehrmals Schauer herunter kommen und die Pflanzen das auch abkriegen. Und die Sonne ist dort nun wirklich wesentlich präsenter als in unseren Breitengraden. Nicht über die Pflanzen zu gießen hat andere Gründe, z.B. Pilzbefall. Nicht Mittags zu gießen hat ebenfalls Gründe: Zu viel Verdunstung. Und wer kriegt schon gerne erhitzt ‘nen Kübel eiskaltes Wasser über die Birne? Eben!
Liebe Claudia,
vielen Dank für deinen spannenden Artikel!
Hatte beim Lesen sofort den alten Sager “Buchen sollst du suchen..”.im Kopf. Wie sich solche Überlieferungen einbrennen ist unglaublich. Da tut eine Anregung, darüber nachzudenken, richtig gut.
Bei der Gelegenheit werde ich auch noch deinen Tipp aufgreifen und meinen Rhabarber statt wie geplant in einem Strudel, in einen Gemüsetopf versenken. Noch warte ich allerdings auf eine Inspiration…:)
Liebe Grüße
Dani
Hallo Dani,
wie ich gelesen habe soll Rhabarber dort passen, wo man sonst Spargel verwendet. Also z. B. in Hühnerfrikassee. Probiert habe ich es allerdings noch nicht – mangels Rhabarber. Meiner ist erst neu gepflanzt.
Viele Grüße
Claudia
Liebe Claudia, das ist ein fantastischer Artikel! Die Bierfälle ist wohl nicht auszurotten. Sie wird überall angeboten. Meinen Rhabarber muss ich auch noch beernten. Müßte noch gehen.
LG Kathrin
Hallo Kathrin,
vielen Dank. Ja, den Rhabarber kannst du noch bis zum Johannistag am 24.06. beernten.
Viel Grüße
Claudia
Liebe Claudia,
sehr lehrreich! Vieles wusste ich bereits, z.B. die Sache mit der Bierfalle. Aber wie Du es aufbereitet hast, you made my day. Die Schnecken kommen zur Party, hihi. Das mit den Bohnen wusste ich in der Tat noch nicht.
Liebe Grüße
Karen