Capsicum mag eigentlich jeder. Ob in Form von Paprika und Chili für die Küche, bis hin zu skurrilen Sammelobjekten in Form von Glocken- oder Penischilis. Ja, die gibt es wirklich und sind durch ihre Form eindeutig zu erkennen. Mir geht es jedoch nur um die verschiedenen Capsicum für die Küche, und das ist ein Kapitel für sich. Denn schnell stellt man fest – Paprikas sind echte Divas.

Capsicum-Samen haben eine lange Keimzeit und brauchen sehr viel Wärme. Je wärmer, umso besser. Temperaturen über 25 °C sind ideal, unter 20 °C tut sich gar nichts. Meine Aussaatschale steht deshalb auf einem Heizkörper. Trotzdem warte ich jetzt schon seit fast zwei Wochen, dass sich endlich eine kleine, grüne Spitze zeigt. Bisher vergeblich. Paprika stellen einen wirklich auf eine harte Geduldsprobe.

Und sie haben eine lange Vegetationszeit bis zur Ernte. Daher muss entsprechend früh mit der Anzucht begonnen werden. Im Februar ist eigentlich schon höchste Eisenbahn, wenn man nicht erst spät im Herbst die ersten reifen Früchte ernten will, womit das Erntefenster extrem kurz und der Ertrag entsprechend mickrig ist. Also legt man im Januar los. Die ersten Sorten habe ich dementsprechend früh ausgesät.

Nächstes Problem: Die Keimfähigkeit.
Die Keimrate ist meistens sehr hoch, aber sie verliert sich sehr schnell. Bei Paprikasamen kann es einem passieren, dass nichts keimt, einfach weil das Saatgut schon zwei oder drei Jahre „alt“ ist. Da ja die Keimzeit sowieso schon lange dauert, ist es schnell viel zu spät um neu auszusähen, wenn man endlich realisiert, dass da nichts mehr kommt. Deshalb ist frisches Saatgut für Paprika und Chili elementar wichtig. Sicher denkt jetzt jemand: Keimprobe!
Bei modernem F1 – Saatgut sind oft nur 8–10 Korn in einer Packung. Wenn davon die Hälfte noch vom letzten Jahr übrig ist – Keimprobe? Wohl kaum. Aber natürlich kann diese Speedkeimungsmethode auch für Keimproben genutzt werden.

Gestern wurden, mit Verzögerung, endlich die noch bestellten Paprikasamen geliefert. Das bedeutet eindeutig Verzug in meinem Aussaatplan. Und dann bin ich beim Surfen bei einem älteren, kleinen Video gelandet. Der Inhalt brachte mich zum Schmunzeln, denn stellenweise klang es für mich nach: „Bei Vollmond, im Wald, pünktlich um Mitternacht, im Wallegewand, um die zwölfte Eiche von links tanzen.“ Ihr werdet schon sehen, warum. Aber es hat mich auch neugierig gemacht, ob das wirklich funktionieren soll. Demnach würden Capsicum nämlich binnen 24 Stunden keimen. Das wäre eine echte Revolution in der Paprikaanzucht.

Das will ich natürlich wissen. Also los … auch, wenn ich sehr skeptisch bin.

Versuchsanordnung:

• Paprika- oder Chilisamen – logisch
• 2 kleine Schalen, eine davon nicht durchsichtig
• Wasser kalt und warm (auf keinen Fall heiß oder gar kochend)
• 1 Wattepad pro Samensorte
• Ein Stück Folie zum Abdecken und bei mehreren Sorten etwas zum Beschriften

Zuerst wird jedes Samenkorn beschnitten. Genau an jenem Zipfel, der an jedem Samen gut sichtbar ist. Und genau diesen Zipfel hätte ich von mir aus garantiert als allerletztes abgeschnitten, weil ich gedacht hätte, darin liegt der Keim und wenn ich den köpfe, war’s das. Aber OK … ich halte mich jetzt streng an die Anleitung. Ist übrigens eine echte Fummelei und mit dem Nagelknipser ging es besser, als mit Scheren. Ein Wattepad in der Mitte teilen und die Samen darin verteilen.

Jetzt kommt die „Um-den-Baum-tanz“ Nummer:

Zwei Schälchen mit Wasser füllen, eines mit kaltem und eines mit warmem. Darin wird das Wattepad mit den Samen abwechselnd für jeweils 3 Sekunden eingetaucht. Dazwischen immer ausdrücken und das ganze 5 x wiederholen. Das soll die Keimung aktivieren. Damit nicht alles auseinanderfällt, das Wattepad zusammenrollen.

Das Pad ein letztes Mal ausdrücken und in ein Schälchen ohne Wasser legen. Mit Frischhaltefolie abdecken und dunkel – also besser kein Glas – und warm zum Brüten aufstellen. Schon nach 12 Stunden, sollen sich die ersten Keimlinge zeigen. Ich bin gespannt.

Heute Morgen, das sind ca. 16 Stunden später. Ich falle fast rückwärts um.

Die Samen habe Keime – alle! – deutlich sichtbar. Das ist tatsächlich die absolute Speedanzucht von Capsicum. Ich bin hellauf begeistert. Guckt euch das an. Ist das nicht der Wahnsinn?

Die gekeimten Samen kommen noch heute in Anzuchterde oder Töpfchen und werden, nur leicht mit Erde abgedeckt, an einen warmen Ort gestellt. Mit einer Anzuchthaube oder Folie abdecken und Lüften nicht vergessen. Hier sollten sie sich jetzt zügig weiter entwickeln. Sobald die Keimlinge die Erde durchstoßen, brauchen die Pflänzchen viel Licht. So früh im Jahr geht das meist nicht ohne Zusatzbeleuchtung. Selbst auf der Fensterbank ist es zu dunkel und die Tageslänge noch zu kurz.

Und sobald sich die ersten echten Blätter nach den Keimblättchen sehen lassen, wird in größere Töpfe pikiert und es gibt es die erste Düngung für die Starkzehrer. Aber da die Wurzeln noch salzempfindlich sind, zuerst nur in halber Dosierung.

Jetzt stehe ich vor meiner ersten Aussaat von vor zwei Wochen und bin tatsächlich am Überlegen, ob ich die Samen nicht wieder ausgrabe und ebenfalls der Speedkeimung unterziehe, bevor ich noch ewig warte, bis sich was tut. Und wie in Zukunft bei mir Capsicum ausgesät werden, ist auch klar.

Bis bald