Eine Bibliothek
Ihr denkt ich hätte in den letzten Monaten auf der faulen Haut gelegen, weil ich hier nicht fleißig war? Mitnichten.
Nach dem Tod meines Mannes musste einiges im Haus geändert werden. Es ist jetzt mein Zuhause, und es ist völlig sinnlos, wenn Zimmer ungenutzt brach liegen. Solche Entscheidungen brauchen ihre Zeit und fallen nicht ganz leicht. Aber das Leben geht weiter und ich will das Beste daraus machen.
Ein solcher Raum, der dringend verändert werden musste, war das Eisenbahnzimmer mit der Modelleisenbahn meines Mannes. Es hat lange gedauert es zu räumen. Alles zu sichten und auszumisten oder zu verkaufen, ist eine Menge Aufwand. Dann war es endlich nach vielen Monaten leer – aber total verwohnt. Zumal dies der einzige Raum im Haus war, in dem mein Mann noch rauchen durfte wenn das Wetter zu übel war um vor die Tür gejagt zu werden. Fotos von diesem Vorher-Zustand habe ich nicht gemacht, ich wollte ihn nur so schnell wie möglich ändern.
Stellt sich die Frage, was man mit so einem geschenkten Raum anfängt. Wohnzimmer, Gästezimmer, begehbarer Kleiderschrank, Büro, Hauswirtschaftsraum? Alles schon vorhanden – grübel… Bei Shopping Queen sind die definitiv schneller.
Dann die Erleuchtung. Ich lese sehr viel, gehe nie ohne Buch ins Bett oder die Badewanne und überall im Haus stehen Bücher verteilt. Es gab kaum System im Bücherchaos und die Staubwischerei der offenen Regale über drei Stockwerke war auch doof. Ergo war es naheliegend, mal so richtig dekadent zu sein und mir eine eigene Bibliothek zu gönnen.
Erst einmal stand natürlich Anstreichen auf dem Programm. Körperlich anstrengendes dauert bei mir aus gesundheitlichen Gründen lange. Wand für Wand, in zwei Durchgängen und vier Tage später waren Wände und Decke wieder weiß, der Boden und die Fenster geschrubbt und die ersten Möbel konnten einziehen.
Die alten Billys von vor 40 Jahren sind immer noch stabil, brauchten aber ein wenig liebevolle Zuwendung mittels weißen Sprühlacks. Das ging wesentlich schneller und einfacher als sie zu streichen.
Sie standen bisher im Gästezimmer und hinterließen dort eine ganz großartige Wand. Ironie aus. Immer schön drumherum gestrichen. Ich hatte ja sonst nix zu tun. Ist aber inzwischen auch wieder eine ordentlich weiße Wand ohne Beulen. Das Froschgrün stammte übrigens von meiner Tochter, als dies noch ihr Schlafzimmer war – ich bin unschuldig.
Nicht wundern. Normalerweise würde man erst die Fußleisten anbringen. Da dieser Raum aber, wie so viele Altbauräume, vor Entdeckung des rechten Winkels gebaut wurde, und die Wände aus allem möglichen bestehen, was während zweier Weltkriege greifbar war, müssen Möbel, insbesondere Regale unterlegt werden und eng an der Wand stehen, um sicher vorm Umkippen zu sein. Sie mit Kippschutz an der Wand zu befestigen bringt erfahrungsgemäß wenig, der reißt gleich wieder aus. Fußleisten wären da also nur störend, denn sie schieben die Möbel zwei fatale Zentimeter nach vorne, und nicht alle haben dafür Ausschnitte. Deshalb werde ich sie erst dann, wenn alles steht, wie es soll, anbringen und nur an den freien Stellen, wo keine Möbel stehen. Sie warten schon auf dem Dachboden.
Die grünen Regale aus dem Büro geben gleichzeitig das Farbkonzept der Bibliothek vor. Grün-weiß sollte sie werden. Das ist frisch, hell und freundlich. Die Leselampe durfte auch mit.
Ebenfalls aus dem Büro zog der Sekretär nach oben. Aber nur das Unterteil. Sonst wäre es mit zu viel geworden. Auch er brauchte einen neuen Anstrich in Weiß. Ebenfalls zwei schmale Regale, die ich vor vielen Jahren gekauft habe, weil sie quergelegt genau in den Kniestock unter der Dachschräge passen. Sie kehrten an ihren ursprünglichen Platz zurück – nach sage und schreibe 4 – in Worten: VIER! Anstrichen, die einfach nicht decken wollten. Ich war kurz davor, ins Holz zu beißen.
Dann, ganz knapp vor Weihnachten, war endlich alles soweit fertig. Alle Möbel standen. Die Bücher konnten einziehen. Irre, was Papier wiegt. Das Gästezimmer und der Flur waren auch in Ordnung gebracht. Die Weihnachtsgäste konnten kommen.
In die Billys sind jetzt die Sachbücher eingezogen. Ausnahme sind die Kochbücher. Die bleiben griffbereit zum Kochen in der Küche.
Der Pouf war auch noch vorhanden und ist praktisch, wenn man die unteren Regale durchsucht. Einen Ohrensessel mit Hocker habe ich mir schon immer gewünscht. Und dann haben meine Tochter und mein Schwiegersohn ihn mit zu Weihnachten geschenkt. Ich habe mich wahnsinnig gefreut.
Das Kissen habe ich übrigens selbst gehäkelt, die passende Kuscheldecke ist noch in Arbeit. Der Teppich ist eines der ganz wenigen neu gekauften Teile. Der kleine Tisch stand noch im Keller und wartete auf neuen Einsatz und der Kronleuchter wartete auf dem Dachboden.
Die Bilder habe ich mir alle zusammen passend aus dem Internet gesucht und ausgedruckt. Dazu fand ich die Lampe, die an eine Petroleumlampe erinnert, sehr passend. Aber eine LED-Birne zu finden im passenden Maß war nicht so einfach. Auch kleine Erinnerungsstücke finden in der Bibliothek ihren Platz.
Wenn ich bedenke, dass ich noch vor wenigen Jahren Berge von Büchern wegen Platzmangels aussortiert habe … ach jaaa.
Jetzt habe ich ganz viel Platz und fühle mich dort oben sehr wohl.
Seit ich so viel aussortiert habe, habe ich ein Faible für öffentliche Bücherschränke. Dort habe ich über zweihundert Bücher abgestellt. Bücher wegwerfen widerstrebt mir. Aber ich hole mir auch immer mal wieder etwas daraus, seitdem ich einen öffentlichen Bücherschrank gleich um die Ecke habe, und ständig daran vorbeikomme. Ich finde es toll, Autoren einfach mal ausprobieren zu können und Bücher, die ich mir vielleicht nie gekauft hätte oder die es nicht mehr im Handel gibt. Wenn es mir dann nicht gefällt – auch nicht schlimm – geht es halt wieder zurück. Jemand anderes freut sich darüber. Und manchmal findet man mal etwas, das muss man einfach mitnehmen – schon wegen des Titels.
Und noch etwas liebe ich – den Blick aus der Bibliothek. In der Großstadt so weit gucken zu können ist nicht die Regel, auch wenn der Ausblick bestimmt nicht der allerschönste ist, der weite Himmel ist es wert.
Der Sonnenuntergang hier oben ist der Hammer.
Na ja, wenn es denn einen gibt, statt einer soliden grauen Wolkendecke.
Bis bald
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Hallo liebe Claudia,
wie schön deine Bibliothek geworden ist. Das hast du großartig gemacht. Die viele Arbeit hat sich gelohnt, jetzt hast du ja viel Platz für neue Bücher. Wie schön, dass alles rechtzeitig vor Weihnachten noch fertig geworden ist, bevor die Gäste kamen.
Ganz liebe Grüße
Clara
Danke, Clara. Ich freue mich, dass dir meine Bibliothek gefällt.
Hallo Claudia,
deine Bibliothek ist ein einladender, heller Raum zum Wohlfühlen geworden. Sie gefällt mir richtig gut. Der Ohrensessel wäre mein absoluter Lieblingsplatz!
Liebe Grüße
Susanna
Vielen Dank, Susanna. Ich mag den Raum auch.
Hallo Claudia,
das ist ein wunderschönes, gemütliches Lesezimmer geworden!
Gut, dass du so viel aufarbeiten und wiederverwenden konntest.
VG
Elke