Münster Westfalen
Ich hatte euch vor einiger Zeit angekündigt, dass ich noch etwas im Schatzkästchen habe. Es waren Bilder aus Münster in Westfalen, die noch aus dem letzten Sommer auf Veröffentlichung warteten. Auch eine dieser vielen deutschen Städte, in denen ich nie im Leben war – allenfalls einmal auf der Durchreise.
Um es gleich voraus zu nehmen, Münster ist eine Reise wert. Man hat das Gefühl, die Stadt wäre von Kriegen völlig unbehelligt geblieben. All die wunderschönen alten Gebäude in perfektem Zustand. Es fühlt sich an wie ein Spaziergang in alte Zeiten. Die Wahrheit ist aber eine ganz andere. Beginnen wir doch mit dem bekanntesten Teil der Stadt dem Prinzipalmarkt (bedeutet.: Hauptmarkt).
Vieles, was hier so wunderschön historisch aussieht, ist in Wahrheit bei einem Angriff 1944 zerstört und später wieder aufgebaut worden. Wobei die Ausführung nicht unumstritten war. Man hat sich soweit möglich an alte Dokumente der Fassaden gehalten, aber Lücken wurden durchaus stilgerecht, aber nicht historisch korrekt, ergänzt. So hat sich, wie ich finde stimmiges Gesamtbild ergeben.
In Köln wurde alte Bausubstanz, wie auch in anderen Städten, oft ziemlich rücksichtslos durch hypermoderne Beton-Stahl-Glaskonstruktionen ergänzt. Mit dem Ergebnis, dass das Stadtbild oft völlig inhomogen wirkt und die “neuen” Fassaden oft jetzt schon bröckeln, währen die alten Reste immer noch allem trotzen. An alle Stadtplaner: Es ist kein gutes Zeichen wenn man in aller Rücksichtslosigkeit urban und hypermodern planen will. Das Ergebnis ist meistens eher chaotisch und unschön.
In Münster ist es ein ganz besondere Gefühl durch die Arkaden zu schlendern. Wer hier am Prinzipalmarkt shoppen will, braucht allerdings entsprechende Kaufkraft.
Dann kommen wir auch gleich zum berühmtesten Gebäude Münsters. Das historische Rathaus wurde ebenfalls nach dem Krieg wieder aufgebaut. Ich finde, man sieht es ihm nicht an.
Und im Rathaus zeigt sich die enge Verbindung zu Kriegen. Auch wenn Münster gar nicht involviert war/ist, spielt dieses Gebäude immer wieder in der Geschichte eine wichtige Rolle in diesem Kontext – bis heute.
Denn im Rathaus gibt es den berühmten Friedenssaal. Dort wurde im Jahr 1648 der “Westfälische Frieden” ausgehandelt, der den verheerenden Dreißigjährigen Krieg beendete.
Im November 2022 fand hier das Treffen der Außenminister der G7-Staaten statt. Und wieder geht es um potenzielle Problemstaaten, Diktaturen und Krieg in Europa. Es hat sich auch nach über 370 Jahren nicht viel geändert. Ein Frieden konnte diesmal leider nicht beschlossen werden.
Dass es Menschen gibt, deren wichtigstes Ansinnen bei solch einer wichtigen internationalen Konferenz, ein abgehängtes Kreuz ist, in einem Land in dem Politik und Kirche per Verfassung getrennt sind, macht mich ehrlich gesagt sprachlos. Da frage ich mich wirklich, was habt ihr für merkwürdige Prioritäten? Ist euch wirklich ein Stück Holz wichtiger als Menschenleben?
Aber zurück zu Erfreulicherem. Gleich neben dem Rathaus steht das Stadtweinhaus. Es diente ursprünglich als Lagerhaus für den Wein der Stadt. Münster als Hansestadt hatte eine wichtige Funktion im Weinhandel inne. Heute lagern dort keine städtischen Weinfässer mehr, aber ein Glas Wein bekommt man immer noch, auch als Nichtratsherr. Welchen Grund die Beflaggung hatte habe ich übrigens nicht herausgefunden.
Es hört nicht auf mit den historische Gebäuden, wenn man weiter durch die Stadt geht. Eines schöner als das andere. Sicher könnte man auch zu jedem einzelnen einiges zu dessen Geschichte schreiben. Von dem, was die einzelnen Häuser einem erzählen könnten, mal ganz zu schweigen. Aber einfach anschauen reicht manchmal auch.
Ich war an einem Mittwoch dort. Mittwochs und samstags findet auf dem großen Platz vor dem Dom der Wochenmarkt statt. Immer von 07:00 Uhr bis 14:30 Uhr formieren sich hier über 140 Stände zu einem herrlichen Markt mit regionalem, hochwertigen Angebot. Es gibt sogar einen eigenen Lageplan zum Download. Ich habe es jedoch vorgezogen einfach ganz planlos und gemütlich über den Markt zu schlendern.
Mein Magen trieb mich zu einem Fischstand direkt am, teils romanischen, teils gotischen St.-Paulus-Dom vor dem eine wirklich lange Schlange stand. Der herrliche Duft nach Kibbeling hat die Leute hergelockt. Es war Mittag ich hatte schon eine lange Anfahrt hinter mir und dementsprechend groß war mein Hunger. Der Fisch war sehr lecker und eine große Portion, nur ein bisschen fettig. Das Warten hat sich jedenfalls gelohnt.
Im Anschluss wollte ich mir eigentlich noch den Dom von innen ansehen. Aber es war wie die ganze Stadt sehr voll. Und auf noch mehr Anstehen und Gedränge hatte ich keine Lust.
Dann doch lieber weiter über den Markt. Diese grauen Kürbisse fand ich spannend. Wenn das nicht solche schweren Klötze gewesen wären, hätte ich glatt einen mitgenommen. Den Händler einfach mal nach dem Sortennamen zu fragen, so weit habe ich nicht gedacht.
Nachtrag. Inzwischen herausgefunden habe ich die Kürbissorte “BLUE HUBBARD”.
Und dann bin ich am für mich spannendsten Teil des Marktes gelandet. Dem Blumenmarkt. Ach hätte ich doch ein Auto. Dann könnte ich sooo viele Schätze mitnehmen. Solch schöne Märkte sind es, die ich in Köln vermisse.
Wer dann irgendwann fußlahm ist, für den gibt es den Prinzipal-Express. Zug? Nö, Kutsche. Aber ohne Pferd, dafür mit Elektroantrieb. Die Teile sind echte Glücklichmacher für Steampunk-Fans. Eine Stadtrundfahrt damit ist bestimmt ein Erlebnis. Es gibt verschiedene Rundfahrten, die man telefonisch buchen kann.
Vor der Heimfahrt brauchte ich dann dringend noch einen Kaffee. Das Café “Extrablatt” liegt gegenüber vom LWL-Museum für Kunst und Kultur am Aegidiimarkt. Dieses Museum habe ich noch auf meiner To-do-Liste. Genauso wie einen Besuch des Botanischen Gartens im Schlosspark.
Einen weiteren Besuch in Münster wird es also bestimmt geben. Es lohnt sich.
Bis bald
Für die o.g. Empfehlungen und Verlinkungen wurde ich in keiner Weise entlohnt.
Hallo Claudia,
das ist ein sehr schöner Beitrag über eine sehr schöne Stadt. Die alten Häuser sind wirklich schön anzusehen und du hast tolle Fotos gemacht.
Unsere Jüngste hat dort ein paar Jahre gelebt und bei unseren Besuchen habe ich die Stadt lieb gewonnen. Am Prinzipalmarkt gefällt mir besonders, dass es dort nur wenige Schriftzüge über den Geschäften gibt und keine Leuchtreklamen. Im Advent hängen in den Bögen überall gleiche Adventskränze.
Den Botanischen Garten kann ich dir nur empfehlen und auch das Picasso-Museum hat uns gut gefallen.
Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Susanna
Hallo Susanna,
das mit den Leuchtreklamen habe ich gar nicht bewusst wahrgenommen. Aber du hast völlig recht. Ein weiterer Punkt, der zu dem sehr harmonischen Stadtbild beiträgt.
Danke für den Tipp zum Picasso-Museum. Das interessiert mich auch.
Viele Grüße
Claudia