Der Hype um die Kirschblüte
Jedes Jahr im Frühling geht es los. Die Kirschblüte beginnt und die Leute drehen schier durch. Besonders diese eine Straße in Bonn hat es den Menschen, angetan.
Touristen kommen in Scharen, die Medien überschlagen sich. Dann kann man noch ein Straßenfest dazu organisieren und schwupp – hat man eine tolle Einnahmequelle gefunden. Es sieht ja auch wunderschön aus. Die kräftig rosa Blütenwolken sind zugegebenermaßen ein Traum.
Ganz viele Städte und Gemeinden ziehen nach. Selbst der Bürgerverein unseres Vorortes bittet alle Anwohner nur noch Kirschbäume zu pflanzen. Und dieser Aufruf war es, der mich erst stutzig machte – und inzwischen ärgert.
Jetzt fragt sich der Mensch wieso bitte kann man sich denn darüber ärgern? Ich erkläre es euch.
Wann immer es in Deutschland um Kirschblüten geht, ist von einer ganz bestimmten Baumart die Rede. Von der “Japanischen Zierkirsche” oder “Japanischen Blütenkirsche” oder Nelkenkirsche Prunus serrulata ‘Kanzan‘. Damit der überschäumende Eindruck entsteht, sind die Blüten ganz dicht gefüllt. Und genau das ist der Haken an der Sache. Denn man hat diesen reinen Ziersorten die Kirschen abgewöhnt. Da wird sogar besonders gelobt, dass die Bäume keine Früchte ansetzen.
Aber wieso tun sie das nicht? Ganz einfach. Um die dicken, dichten Pomponblüten zu erreichen hat man aus den Staubblättern Kronblätter gezüchtet. Somit sind die Bäume steril und die Menschen werden nicht mit bösen Früchten auf dem Gehweg belästigt. Wie würde das denn aussehen? Womöglich kommen sogar Vögel, die den Baum anfliegen, um die Kirschen fressen und dann schlimmstenfalls mal vom Baum kacken könnten. Oder Worst Case: Stellt euch Blütenstaub, womöglich winzige Nektartröpfchen auf dem heiligen Autodach vor. Das mag man sich ja gar nicht ausmalen.
Blöd nur – die Insekten könne mit diesen Prachtbäumen so gar nichts anfangen. Die schwirren höchstens auf der hoffnungslosen Suche nach Pollen und Nektar um die Blüten. Arglistig von der verlockenden Blütenpracht hinters Licht geführt und bis zur totalen Erschöpfung. Schlimmer noch. Die Bäume sind so auffällig, dass sie die Bienen und Hummeln sogar von den wirklichen Nahrungspflanzen weglocken.
Da fragt man sich doch automatisch, ob das noch in die heutige Zeit passt. Da werden Wildblumenwiesenmischungen gekauft und Insektenhotels boomen, da lässt man Totholz im Garten liegen und Spritzmittel sind zu Recht verpönt. Man zählt Vögel und stellt Igelburgen auf, hübsch mit Reisighaufen bedeckt. Alles für die Natur. Insektensterben ist ein ganz großes Thema – besonders das Bienensterben. Und dann pflanzt man überall und nirgends Monokulturen aus sterilen Bäumen??? Sorry, aber das passt für mich nicht zusammen.
Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden auch ab und zu mal einen Baum zu pflanzen, einfach, weil er schön ist. Aber wie immer macht die Dosis das Gift. Und bei den Japanischen Zierkirschen wird gerade reichlich überdosiert. Einerseits von der Grünflächenämtern der Gemeinden. Aber wenn dann auch noch in Stadtgärten, wo sowieso meist nur ein Baum Platz hat, alles voller Zierkirschen steht, ist das bedenklich. Bäume werden alt. Diese Fehler bleiben also sehr, sehr lange bestehen. Platz für andere Bäume bleibt meistens nicht. Monokulturen sind die Folge. Die eigentliche Blüte dauert nur wenige Tage. Vorausgesetzt sie fällt nicht wegen Spätfrösten aus oder wird von Regen und Hagel eliminiert. Nach ein paar Tagen sieht es dann sowieso nur noch so aus.
Da sollte sich jeder fragen: Ist es mir das wert?
Nur, weil die Stadt auf Kosten der Natur Touristen anlocken will. Oder ein Bürgerverein, ohne jeder Ahnung von dem, was er da von sich gibt, Aufrufe startet? Ich jedenfalls ärgere mich darüber.
Die normale Fruchtkirsche oder die ungefüllte Bergkirsche/ Scharlachkirsche (Prunus sargentii) blühen mindestens genauso schön, die Felsenbirne in voller Blüte ist ein Traum, Wildbirnen, Quitten … es gibt so viel schöne Gehölze, die auch einen Nutzen haben. Für die Insekten – und uns. Lasst die Vielfalt leben.
Bis bald
Liebe Claudia,
ich bin auch ein Fan der Kirschblüte, sie ist einfach wundervoll. Es muss aber nicht diese japanische Sorte sein, die ich bisher auch gar nicht kannte. Und ich wusste auch nicht, dass die Bäume steril sind, was ich sehr schade finde. Wir hatten früher eine gewöhnliche Kirsche in unserem Garten und das weiße Blütemeer war wundervoll, aber kurz. Letztlich mussten wir den Baum aber leider fällen, da er doch sehr viel Licht geschluckt hat. Mit tut eine solche Fällung immer weh und die Kirschen, die natürlich jedes Jahr herunter fielen haben mich auch nicht gestört.
Danke für diesen interessanten Post.
Ich wünsche Dir noch eine schöne Woche.
Viele liebe Grüße
Wolfgang
Hallo Wolfgang,
ja, Bäume entfernen ist immer traurig. Dir auch eine schöne Woche.
Hallo liebe Claudia,
über diese Aspekte der Zierkirschbäume habe ich noch nie nachgedacht. Das geht bestimmt vielen so. Danke für die wichtigen Informationen.
Ganz liebe Grüße
Clara