Muehlenbeckia

Muehlenbeckia mit Überraschung

Sicher kennt ihr die kleinen Topfpflanzen, die im Herbst in jedem Blumenladen und Gartenmarkt zu finden sind. Muehlenbeckia oder Drahtstrauch heißen sie und werden für die Herbstbepflanzung der Balkonkästen angeboten.

Klein und zierlich, eher flach überhängend als Zwischenpflanzung zu Chrysanthemen, Astern und Alpenveilchen geeignet. Angeblich nicht ganz winterhart, aber das sind die anderen ja auch nicht, deshalb ist Schutz angebracht – sagt der Handel. Ich finde, das gehört dringend mal aufgedröselt.

Auch ich habe einige Pflanzen in jedem Herbst gekauft, sie im Frühling meist im Kompost versenkt und im nächsten Jahr das Ganze von vorne. Die Pflanzen waren dann tot. Kein Blatt, kahle, drahtige Stiele, die sich vermeintlich vertrocknet anfühlten. Also weg damit. Und hier steckt der Teufel im Detail. Denn es gibt verschiedene Mühlenbeckien. Zwei davon, M. axillaris und M. complexa, werden bei uns gehandelt. Blöde nur, sie sind kaum zu unterscheiden. Jedenfalls für den Kunden und meist auch nicht für den Händler. Was dazu führt, dass complexa draufsteht, die bedingt winterhart ist, aber axillaris drin ist. Und M. axillaris ist in einigermaßen gemäßigten Gegenden Deutschlands durchaus winterhart, mehrjährig und robust. Da Drahtsträucher aber erst spät im Frühling wieder austreiben, glaubt man sie seien tot und begräbt sie. Gut für den Handel.

Mühlenbeckien stammen aus Neuseeland, Australien und Neuguinea, also ganz verschiedenen Klimazonen. Kiwi-Knöterich, Teppich-Drahtstrauch, Teppich-Scheinknöterich, Kriechender Draht, Neuseeländischer Efeu, Matratzenwein – einige der Namen weisen auf die Herkunft, aber auch den Wuchs hin.

Und das bringt mich zu meiner letzten Pflanze, die ich gekauft habe. So ein keines Pöttchen wie oben. Eines wohlgemerkt! Aber diesmal nicht für den Herbstkasten, sondern ich hatte die Idee, dieses kleine, zierliche und flache Pflänzchen an meinen Bachlauf zu setzen, um die Folienränder abzudecken. Lange schmale Ranken, kann man gut leiten und zurückschneiden. Sollte doch passen. Und da das Klima inzwischen warm genug ist, dass ich nicht mal mehr die Dahlienknollen ausgrabe, dürfte das doch funktionieren. Einen Versuch ist es jedenfalls wert und teuer sind die Pflanzen ja auch nicht falls es doch schiefgeht.

Ihr ahnt was kommt? Genau, wieder mal typisch Claudia. Guckt euch das an.

Das Pflänzchen wuchs, überstand den ersten Winter, wuchs, wuchs und wuchs. Aber nicht den Bachlaufrand entlang wie gedacht, sondern es mogelte sich heimlich unter Stauden und Bodendeckern hindurch in Gegenrichtung zur Hauswand. Das sind schon so zwei Meter Abstand. Woher hat “Becky” bloß die Richtung gewusst? Zumal sie nicht zum Lichteinfall, sondern halb schräg in die andere Richtung wuchs. Dann, genauso klammheimlich, unter dem Geißblatt durch die Wand hoch. Erst dann entschied sie sich sichtbar zu werden indem sie ihre zarten Abzweigungen nach vorne schob. Jetzt ist es zu spät. “Becky” hat mich überrumpelt. Mühlenbeckien sind übrigens Polygonaceae also Knöterichgewächse. Da wundert einen die Wuchsfreude ja nicht mehr.

Am Dachüberstand ist sie jetzt angekommen, und der Blick aus meinem Bürofenster sieht jetzt so aus:

Muehlenbeckia

Bis da oben vereint sie sich inzwischen mit der Passionsblume. Wobei letztere regelmäßig in ihre Schranken gewiesen wird, bevor die beiden es allzu bunt treiben. An der Wand hängt jetzt eine solide Matte aus drahtigen Stielen und kleinen Blättchen. Allerdings waren die Triebe des Geißblattes und Reste einer früheren Bepflanzung mit Wildem Wein nötig, um als Kletterhilfe zu dienen. Alleine schafft sie das nicht. Sie macht auch keine Schäden an der Fassade, wie beispielsweise Efeu.
Aber einen Nachteil hat sie: Bei Grabschmuck ist Vorsicht geboten, da Drahtsträucher bei Bodenkontakt sofort einwurzeln und dann schnell zur Plage auf der doch eher kleinen Fläche werden können. Also rechtzeitig die Seitentrieb zurückschneiden oder die Schale auf eine Steinplatte stellen, um Erdkontakt zu vermeiden.

Gerade blüht Becky. Kleine Büschel aus winzigen grün-weißen Blütchen, die eher unspektakulär sind, aber trotzdem gut sichtbar. Irgendwie niedlich.

Muehlenbeckia

Gleichzeitig hängen jede Menge Früchtchen daran, die fast wie winzige Maiglöckchenblüten aussehen. Jeweils ein kleiner schwarzer Samen von oben umhüllt von den inzwischen fleischig weiß gewordenen Blütenhüllen.

Die Pflanze ist jetzt zwar von Früchten übersät, sie sähen sich aber nicht von selbst aus. Man muss also keine Angst habe, dass irgendwann der ganze Garten von Sämlingen erobert wird. Wenn die Muehlenbeckie in eine Richtung abwandert, die man nicht möchte, kann man die Ranken, am einfachsten, bei nassem Boden einfach rausreißen. Ein Rückschnitt zu den Seiten hin ist auch problemlos möglich. Die Pflanze bekommt keinen Dünger und wird auch bei Trockenheit nicht von mir gewässert. Sie ist so robust, dass sie auch mit Dürre klarkommt. Also ideal auch für schwierige Standorte und z.B. Hangbefestigungen.

Muehlenbeckia ist sommergrün. Das bringt den Vorteil, dass sie im Sommer die Wände und somit das Haus beschattet und im Winter die Sonne durchlässt. Und die kahlen drahtigen Ranken sind ein tolles Material für Kränze. Ist ja genug da.

Ach ja: Es gibt inzwischen auch eine winterharte Sorte mit weiß-grün panaschiertem Laub und rötlichen Stielen: Muehlenbeckia complexa ‘Pink Camouflage’.
Wenn nicht schon Becky bei mir wohnen würde …

Bis bald

                                                   

3 thoughts on “Muehlenbeckia mit Überraschung

  1. Hallo liebe Claudia,
    du meine Güte. Ohne das erste Bild hätte ich diese Pflanze gar nicht erkannt. Dass sie so enorm wachsen kann, habe ich nicht gewusst. Dankeschön für die Informationen.
    Ganz liebe Grüße
    Clara

  2. Ich finde die Pflanzen super schön! Allerdings werden sie auch im Balkonkasten oder Topf zu richtigen Monstern und dann gefallen sie mir nicht mehr so gut. Aber so, wie sie sich bei Dir ausbreiten, habe ich das noch nie gesehen. Der Hammer!
    Viele Grüße von
    Margit

  3. Hallo Claudia,
    ich mag die Muehlenbeckie sehr gern als Strukturpflanze und verwende sie als Kontrast zu großen Blättern wie denen der Bergenie. Ich grenze sie regelmäßig ein, damit sie die Beete nicht für sich allein beanspruchen, aber solche Kletterkünste wie bei dir haben sie bei uns – zum Glück – noch nicht vollbracht!
    Liebe Grüße
    Susanna

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